„Wir müssen die Landgasthöfe retten!“

SPD-Abgeordnete im Austausch mit der Kreis Pinneberger Gastro-Branche. Auch nach dem Ende der härtesten Pandemie-Einschränkungen geht es dem Hotel- und Gaststättengewerbe im Kreis Pinneberg nicht gut. Das wurde jetzt bei einem Gespräch der Kreis Pinneberger SPD-Landtagsabgeordneten Thomas Hölck, Beate Raudies und Kai Vogel sowie MdB Ralf Stegner und dem Vorsitzenden der SPD-Kreistagsfraktion, Hans-Peter Stahl mit dem Vorstand des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga im Kreis deutlich.

Freuten sich über einen konstruktiven Austausch zwischen Dehoga und SPD: Hannes Köpcke, Praktikant von MdL Beate Raudies, Kai Vogel MdL, Hans-Peter Stahl, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion, Ralf Stegner MdB, Thomas Hölck MdL, die Dehoga-Vertreter*innen Monika David, Claudia Böhm, Jürgen Schumann und Heike Thormälen, Beate Raudies MdL sowie Annette Thormälen und Christoph Dettling (beide Dehoga). Bild: Jens von Häfen

Ralf Stegner MdB: „Der Einsatz und das Herzblut, mit dem viele Gastronomen ihre Betriebe bislang durch die Krise gebracht hätte, nötigt mir großen Respekt ab.“

 

Eindrücklich schilderte etwa Christoph Dettling, der die Politiker in seinem Betrieb, dem Haselauer Landhaus, begrüßte, die Situation der Branche. „Nach zwei Jahren Corona-Schutzmaßnahmen inklusive sieben Monaten mit komplettem Lockdown und vielen Einschränkungen dazwischen sind viele von uns wirtschaftlich und auch mental ziemlich fertig.“ Ein guter Sommer 2021 habe insbesondere den Häusern mit Außengastronomie ein Zwischenhoch beschert. „Aber das macht die großen Verluste davor und danach nicht wett!“ Die Bewertung der staatlichen Hilfen fällt bei den Gastronomen dabei differenziert und durchaus nicht nur positiv aus. Bei den Soforthilfen des Landes haben nachträgliche Regeländerungen vielen Betrieben das Leben schwer gemacht, wie Dettling deutlich machte: „Ausgerechnet die Katastrophenmonate März und April 2020 sind nicht berücksichtigt worden, so dass viele Betriebe Rückforderungen erhalten.“

Den Start nach dem Aufheben der härtesten Beschränkungen mache das nicht gerade leichter. „Die meisten von uns fangen bei der Auslastung jetzt auf einem Niveau von etwa 70 Prozent wieder an“, schildert der Haselauer, der dem langjährigen Dehoga-Kreischef Jürgen Schumann demnächst als Vorsitzender der Kreisorganisation nachfolgen will, die Situation der Betriebe.

Einhellig fiel indessen das Lob der Dehoga-Vertreter für das ausgeweitete Kurzarbeitergeld aus. „Damit hat die Politik uns gerettet“, brachte Veranstaltungs-Gastronomin Annette Thormälen, die gemeinsam mit ihrer Schwester Heike die Elmshorner Gaststätte „Sibirien“ betreibt, die Erleichterung über die Regelung auf den Punkt. Beide sprechen sich auch für die von Bundeskanzler Scholz angekündigte Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro aus. Denn: „Unsere Mitarbeiter verdienen einen fairen und guten Lohn für ihre Arbeit.“ Zu hoffen sei, dass die steigenden Energiepreise das Lohnplus nicht wieder auffräßen.

Ihre Kollegin Monika David vom Tangstedter Traditionshaus „Sellhorns Gasthof“, verwies auf die kulturelle und zusammenführende Funktion der Gastronomie gerade im ländlichen Bereich und zog dabei einen Vergleich zu Klinikpersonal und anderen in der Pandemie-Zeit systemrelevanten Branchen. Ihre Frage „Wer klatscht für uns?“, mit einem Augenzwinkern, aber nicht unernst gestellt, provozierte indessen eine prompte Antwort des SPD-Bundestagsabgeordneten, der selbst Gastwirtssohn ist. „Von mir gibt es Applaus für Sie!“ Der Einsatz und das Herzblut, mit dem viele Gastronomen ihre Betriebe bislang durch die Krise gebracht hätte, nötige ihm großen Respekt ab. Das sah auch MdL Thomas Hölck so, der im Kieler Landtag wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD ist. „Die Dorfgasthöfe sind wichtige Anker im ländlichen Raum.“ Umso mehr ärgert den Sozialdemokraten da, dass seine Fraktion im Landtag gleich zweimal mit ihrem Ansinnen gescheitert ist ein Förderprogramm für Investitionen und Modernisierung insbesondere für Landgasthöfe im Binnenland aufzulegen. „Die Jamaika-Regierung war der Auffassung, dass es dafür keine Notwendigkeit gibt.“

Dass dem beileibe nicht so ist, wurde in der Runde allerdings auch mit konkreten Fallbeispielen belegt. So könne in der angespannten Situation auch die wegen der neuerdings geltenden Belegausgabepflicht anstehende Anschaffung einer neuen Kasse zu einer kaum zu schaffenden Herausforderung werden. Denn, so Monika David: „So eine Kasse kostet schon mal 6000 Euro.“

Dafür, dass die Gastronomiebetriebe auch über längere Zeit sicher vor einschränkenden Pandemieschutzmaßnahmen sind, ist nach Auffassung der SPD-Abgeordneten aber vor allem Eines wichtig, wie Hölck deutlich machte: „Eine hohe Impfquote!“ Er warb dafür, dass sich der Dehoga deshalb auch öffentlich für eine Impfpflicht einsetzt.

Für ihre Arbeit im Parlament nahmen insbesondere die Landtagsabgeordneten reichlich Impulse mit. So wollen die Wirtschaftspolitiker Hölck und Vogel noch einmal in Sachen Investitionsprogramm aktiv werden und Finanzexpertin Raudies sich für eine Neuregelung der Mehrwertsteuer im Gastro-Bereich einsetzen. „Die Gastro-Betriebe möchten gerne, dass es bei der Absenkung auf sieben Prozent bleibt. Geplant ist allerdings, dass am 1. Januar 2023 wieder die alten Sätze gelten. Ich könnte mir vorstellen, dass es ein guter Kompromiss wäre, wenn die Absenkung bleibt – allerdings mit der Ausnahme alkoholischer Getränke.“ Diese Idee will auch MdB Stegner mit in die Berliner Diskussionen einspeisen.

In Kiel will der Pinneberger Vogel noch eine weitere Sache in Angriff nehmen. Als Bildungspolitiker hat er auch immer die Situation der Berufsschulen im Blick und damit einen Bereich, der für die Gastronomie extrem wichtig ist: Die Gewinnung von Nachwuchs. Dass die Personalsituation in der Branche schon bei den Bestandskräften extrem schwierig ist, hatten die Dehoga-Vertreter schon zuvor deutlich gemacht. „Aber uns bricht auch der Bereich der Auszubildenden weg“, machte Ausbildungswartin Claudia Böhm deutlich, die in Elmshorn mit dem „Winkel“ ein Hotel und Restaurant führt. Gemeinsam mit Kollegin David brachte sie daher ein Sofortprogramm für den Gastro-Zweig der Berufsschulen ins Gespräch: „Mehr Lehrerstunden, praxisorientierte Zusatzeinheiten sobald das möglich ist, und am besten Extra-Deutschunterricht für die jungen Menschen, die aus dem Ausland kommen, aber keine Flüchtlinge sind und daher keine Förderung im DAZ-Bereich (Deutsch als Zweitsprache) bekommen.“ David, die selbst an der Elmshorner Berufsschule unterrichtet, ist dabei überzeugt, dass ihre Kolleginnen und Kollegen dafür auch Überstunden schieben würden. Dafür, dass diese Initiative Thema in der Landeshauptstadt wird, will Vogel nun sorgen.

Auf den Schlussappell von „Sibirien“-Wirtin Annette Thormälen: „Wir sind gerne Gastgeber – helfen Sie, dass wir es bleiben können!“ folgte für die SPD-Abgeordneten am Ende eine klare Antwort vom MdL und Kreisvorsitzenden der Sozialdemokraten, Thomas Hölck: „Wir müssen die Landgasthöfe retten! Wir setzen uns für Sie ein.“